Ich hab dich sehr lieb

Plätzchenduft und Liebe schmecken…
das „du bist mir wichtig“ – Gefühl in jedem selbst erschaffenen Stern.

Zimt-Engel, Nusstaler und Engelsaugen läuten in diesem Jahr schon Mitte Oktober die stille Zeit in mir ein. Mir war nach Wohlfühlen, nach dem „es wird alles gut“ der Kindheit. In der wir in der spannenden Vorweihnachtszeit am Fenster „Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit?“ trällerten. Und glaubten und hofften, dass unsere kindliche Stimme Einfluss auf das große Wettergeschehen am Himmel hat.

Auch heute noch ist der Moment so nah in mir… ich war so klein, dass ich auf dem Couchrand kniete, um aus dem Fenster schauen zu können. Die Gardinen beiseite geschoben und mit festem Glauben an das Christkind und all die anderen Himmelsmächte sang ich sehnsüchtig und unbelastet die „niedlichen Sterne“ herbei, die sich ans Fenster setzen und Blumen und Blätter malen sollten.

Und einmal fing es tatsächlich an zu schneien, während ich sang. Das war ein unbeschreiblich allerheiliges Gefühl.
Als wäre ich ein irdischer Engel Gottes – zuständig für den Schnee.

Wunderschöne, filigrane Kunstwerke hatten wir mit den Eisblumen im ersten Stock in unserem unbeheizten Hausgang auf der Innenseite des Fensters. Und wenn ich früh morgens schlotternd vorbei lief, hielt ich inne und bestaunte sie fasziniert. Meine kleinen Finger mochten immer die Scheibe berühren, dann schmolzen die Kristalle an dieser winzigen Stelle blitzschnell weg.

Mit unserer Mama in dieser heiligen Zeit Plätzchen zu backen war wie Schöpferdasein. Teig schlecken und Ausstecherle machen. Engel, Sterne und Herzen erschaffen, kleine Bärchen und Weihnachtsmänner und den kleinen Pilz, der so gar nicht in mein Weihnachtsbild passte und trotzdem gehörte er dazu. Spritzgebäck aus der Maschine zu drehen und in Schokolade zu tauchen.

„Wir haben dich gern…“ heißt es in dem Lied noch. Und „Schneeflöckchen, Weißröckchen, deck’ die Blümelein zu, dann schlafen sie sicher in himmlischer Ruh’“.
Ja, ich hatte sie sehr gerne, liebte den Schnee und das Schlittenfahren gehen mit unserem Papa und wie unsere Mama uns warm einpackte, noch die Mütze aufsetzte und den Schal umband, dass wir möglichst lange nicht froren.
Und unser Papa uns auf einem abgelegenen Weg mit dem Schlitten ans Auto hinten angebunden hat und langsam losfuhr und wir diesen übergroßen Spaß nur nicht der Mama erzählen sollten!
Wir hatten ein gemeinsames Schneegeheimnis, wenn wir nach Hause kamen, die Plätzchenluft einschnupperten und dann noch gemeinsam Memory spielten. Wie spannend war es, sich die Karten zu merken, bis man wieder dran war! Es zählte nichts anderes in dem Moment… als die roten, aufgeregten Bäckchen, das Aufdecken der zusammen gehörenden Paare und das Wachsen des eigenen Stapels. Aber eigentlich war es der Spaß, das gemeinsame Lachen und Staunen.
Beim Monopoly spielen das Mietkasierer-„Stop!“ rufen, wenn einer auf der eigenen Straße landete. Es gab hunderte von Mark! Hotels und Häuser, Badstraße und Schloßallee, das Gefängnis und frei Parken… all die kindlichen Aufregungen wurden am Ende einer gemeinsamen Zeit wieder in den Karton verpackt und im Schrank verstaut.

Was blieb war die unbeschwerte Zeit, das strahlende Lachen unseres Papas, das seelengewichtige Loben unserer Mama für all die Kleinigkeiten, die sie erkannte: „Du kannst aber schnell rechnen“ und „wie du dir das so toll merken kannst!“
Und das Gefühl blieb, dass man wichtig war und die freie Zeit der Eltern, neben Arbeit und Haushalt, nur für uns da war.
Den Moment leben, genießen und ganz bei und mit uns zu sein.

Das Gefühl „Ich hab’ dich sehr lieb, mein Kind.“

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Text ©: Karin Ludwig, 20.10.20

Bild ©: Karin Ludwig, 18.10.20

2 Antworten auf “Ich hab dich sehr lieb”

  1. Wie schön Du dies beschrieben hast, liebe Karin! Viele Gefühle kenne ich und auch ich sehe mich am Fenster stehen und im Herzen hatte ich auch dieses Lied, mit aller Sehnsucht!!
    Schön . . . und eine wichtige Botschaft! ♥️

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